Epigenetische Veränderungen gehören zu den frühesten Ereignissen der Tumorentwicklung. Man geht davon aus, dass diese Veränderungen zu vorübergehenden Deregulierungen der Genome führen, die dann durch Mutationen, strukturelle Umlagerungen und Kopienzahlvariationen dauerhaft verändert werden und zu einem allgemeinen Phänotyp der genomischen Instabilität führen. Mehrere groß angelegte Sequenzierungsstudien, darunter unsere eigenen, haben Mutationen, die Chromatinmodifikatoren betreffen, als eine der häufigsten genomischen Veränderungen bei Krebs identifiziert (Timmermann et al. 2010, Kerick et al. 2011, Grasse et al. 2018). Ihr Einfluss auf das Epigenom und ihre Auswirkungen auf die zelluläre Proliferation sind jedoch nur am Rande bekannt und stehen im Zentrum unserer Arbeit.
In den letzten Jahren haben sich drei Hauptinteressengebiete entwickelt:
Kernthemen unserer Forschung
Kernthema 1: Funktion der nicht-kodierenden Satelliten III RNA (SATIII)
Bei diesem Thema befassen wir uns mit Fragen zu einer nicht-kodierenden und repetitiven RNA, der Satelliten III RNA (SATIII). Repetitive Regionen der DNA werden generell früh und umfangreich während der Tumorentstehung de-methyliert und damit aktiviert. Die Aktivierung der SATIII RNA spielt eine wichtige Rolle bei der Stressantwort.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
Wie und wann wird die SATIII RNA exprimiert? Wie wird sie reguliert? Welche Funktion hat sie bei der Hitzestress-Antwort? Wie werden nukleäre Stressköper (nuclear stress bodies) gebildet? Wie beeinflusst sie die Tumorprogression und Therapieresistenz - insbesondere bei HPV-assozierten Kopf- und Halstumoren (head and neck squamous carcinoma, HNSCC) und Lungentumoren? Können wir sie durch eine zielgerichtete und gewebespezifische Therapie blockieren und damit die Pathogenese der Tumoren beeinflussen?
Kernthema 2: Mutationen in der Histon-Acetyltransferase (HAT) CREBBP
Unsere genomweiten Datensätze von Tumoren haben gezeigt, dass epigenetische Modifikatoren am häufigsten von Mutationen und genetischen Umstrukturierungen betroffen sind. Es stellt sich damit die Frage, welchen Einfluss diese Veränderungen auf die Tumorentstehung – und das Wachstum haben. Wir konzentrieren uns insbesondere auf die Histonacetyltransferase CREBBP (CBP) und fragen:
Warum treten bestimmte Hotspot–Mutationen häufig bei Tumoren, insbesondere bei kleinzelligen Lungentumoren auf? Wie verändert sich der Mechanismus und welche Signalwege werden beeinflusst? Kann eine zielgerichtete Therapie bei diesen Patienten eingesetzt werden?
Kernthema 3: Veränderungen des Spleißing-Prozesses
Die Diversität des Genoms ist durch die große Anzahl an verschiedenen Genen, aber auch durch die unterschiedlichen Transkript Isoformen, die von diesen Genen gebildet werden, bedingt. Transkript Isoformen entstehen durch unterschiedliche Spleißing-Prozesse, die häufig in malignen Prozessen gestört sind. So finden sich zum Beispiel in 20% aller Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) Mutationen in dem Spleißing-Faktor SF3B1. Auch weitere Tumore sind durch Mutationen in diesem Gen betroffen: 15% aller chronisch lymphatischer Leukämien (CLL) oder 4% aller Melanome. Brust (2%) – Pankreas (2%) – Lungen (2%) - und Prostata (1%) Tumore sind ebenfalls betroffen. Es stellen sich uns damit unter anderem folgende Fragen:
Warum sind Spleißing-Faktoren sehr häufig bei Tumoren mutiert? Welche Veränderungen treten bei CLL und MDS mit Mutationen in dem Spleissfaktor SF3B1 auf? Warum sind diese Mutationen (neben Mutationen in dem Tumorsuppressor TP53) mit einer schlechten Prognose für die Patienten verbunden?