Forschungsschwerpunkte
1. Forschungsschwerpunkt: Funktion der nicht-kodierenden Satelliten III RNA (SATIII)
In unseren bisherigen Arbeiten konnten wir zeigen, dass eine repetitive RNA, die Satelliten-RNA SATIII, eine Resistenz gegenüber dem Chemotherapeutikum Etoposide induziert. Wir konnten zeigen, dass die SATIII RNA die Topoisomerase, der Angriffspunkt von Etoposid, zu Kernstresskörperchen rekrutiert und dadurch zu einer Umverteilung der Topoisomerase führt. Unsere Arbeitshypothese ist, dass hierdurch Etoposid das Enzym weniger effizient angreifen kann und damit eine Therapieresistenz entsteht (Hussong M. et al. 2017; Kanne J. et al. 2021). Da die SATIII RNA eine wichtige Rolle in der Stressantwort spielt, denken wir, dass auch die Sensitivität anderer Chemotherapeutika, wie z.B. den Platin-Derivaten, durch SATIII reguliert wird. Darüber hinaus finden wir eine starke Deregulation der SATIII RNA in fortgeschrittenen Tumoren. Um die Mechanismen der Therapieresistenz bei Lungenkrebs besser zu verstehen, führen wir unterschiedliche funktionelle Experimente durch, z.B. Zellzyklusexperimente, Proliferations- und Apoptosetests sowie Immunfluoreszenzanalysen von SATIII-RNA-Foci, in Abwesenheit oder Anwesenheit von Stress. Die SATIII RNA wird im perizentromerischen Bereich insbesondere von Chromosom 9 kodiert. Dieser Bereich ist normalerweise als Heterochromatin organisiert. Wir konnten zeigen, dass unter Stress dieser Bereich demethyliert wird und es damit zu einer transkriptionellen Aktivierung kommt. Die SATIII RNA wird daraufhin synthetisiert und führt am Ort ihrer Expression zu einer Ausbildung von Kernstresskörperchen (‚nuclear stress bodies‘). In einem Forschungsschwerpunkt des Instituts interessieren wir uns für die Auswirkungen der Hypomethylierung repetitiver DNA auf die Transkription und die Krebsentstehung. Zusammen mit der Summerer-Gruppe (Prof. Dr. Daniel Summerer, Dortmund) haben wir ortsspezifische TALEs (‘transcription activator-like effectors‘) entwickelt (Munoz-Lopez A. et al. 2020, Wolffgramm J. et al. 2021, Witte A. et al. 2020), die mit DNA-Methyltransferasen verbunden sind. Mit diesen epigenetischen Werkzeugen konnten wir zeigen, dass eine Erhöhung der DNA-Methylierung zu einer verminderten SATIII-Transkription und schließlich zu einer Wiederherstellung der Therapiesensitivität führt (Kanne J. et al. 2021). Um unseren Einblick in die Funktionen von SATIII zu erweitern, untersuchen wir auch SATIII-Mechanismen im Zusammenhang mit Plattenepithelkarzinomen des Kopfes und Halses (HNSCC), eine Arbeit, die wir gemeinsam mit der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (Prof. Dr. Jens Klußmann) und dem Poepsel-Labor (Dr. Simon Poepsel) durchführen. Darüber hinaus verfolgen wir unser epigenetisches Wirkstoffscreening funktionell weiter, um die Regulationsmechanismen an repetitiven genomischen Stellen zu verstehen. Da wir gezeigt haben, dass SATIII in vielen Tumoren überexprimiert, und auch die Etoposid-Therapieresistenz bedingt, entwickeln wir Instrumente zur Unterbrechung der SATIII-Expression. Insbesondere versuchen wir, die Expression der SATIII-RNAs durch Nanoträger zu vermindern, die chemisch synthetisiert und für unsere Zwecke optimiert werden. Hier arbeiten wir mit der Pathologie (Prof. Dr. Reinhard Büttner, Prof. Dr. Margarete Odenthal) und den Instituten für anorganische, für organische Chemie und Biochemie (Prof. Dr. Sanjay Mathur, Prof. Dr. Stephanie Kath-Schorr, Prof. Dr. Ines Neundorf) zusammen. Mit diesen Ansätzen hoffen wir, neue Strategien zur Manipulation repetitiver DNA zu entwickeln, die insbesondere bei Lungen- und Kopf-Hals-Tumoren von Nutzen sein könnten. Wir sind davon überzeugt, dass diese Ansätze langfristig auch auf andere Krebsarten, sowie auf Krankheiten mit pathologischen Regulierungen repetitiver Regionen übertragbar sein werden.
Mehr Informationen zum Nanocarriers Projekt hier: https://nanocarriers.uni-koeln.de/
2. Forschungsschwerpunkt: Mutationen in der Histon-Acetyltransferase (HAT) CREBBP
Epigenetische Vorgänge spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung sowie der (De-) Differenzierung von Tumorzellen sowie bei der Arzneimittelresistenz von Tumoren. Dies gilt insbesonder für kleinzellige Lungentumore (SCLC), die in bis zu 77 % aller SCLC-Patienten Mutationen in Histon-Lysin-Methyltransferasen (HLMTs, wie KMT2D) und Histon-Lysin-Acetyltransferasen (HLATs, wie CREBBP/CBP, EP300) aufweisen. Für die meisten dieser epigenetischen Modifikatoren sind physiologische Funktionen bei der Regulierung der Transkription, der Genomstabilität und der Chromatinverdichtung beschrieben worden. In einem Mausmodell kann der Verlust der CREBBP (CREB binding protein) -Funktion zumindest teilweise durch Histon-Deacetylase-Inhibitoren ausgeglichen werden. Proteine, die die DNA Methylierung oder die Modifikationen von Histonen modifizieren oder detektieren sind auch an der Regulation von stressassoziierten Genen beteiligt. Wie Krebsmutationen jedoch genau die Proteinfunktion beeinträchtigen, welche Folgen dies für die Zellen hat und wie eine bösartige Transformation erreicht wird, ist weitgehend unklar. Um die Auswirkungen der Mutationen auf das Epigenom besser zu verstehen, führen wir funktionelle Analysen von epigenetischen Modifikatoren (hauptsächlich KMT2D, CREBBP, EP300) durch. Wenn wir wissen, wie sich die Mutationen auf die Funktion des Proteins auswirken, können wir gezielte Behandlungen entwickeln, um diese Untergruppen von SCLC gezielt anzugreifen. Die Arbeit ist eingebettet in den SFB1399 (Mechanisms of Drug Sensitivity and Resistance in Small Cell Lung Cancer), in dem wir mit zahlreichen anderen Gruppen zusammenarbeiten, um epigenetische Mechanismen bei SCLC zu entschlüsseln. Eine enge Zusammenarbeit zur Identifizierung epigenetischer Wirkstoffe für die Behandlung von SCLC besteht mit dem Labor von Prof. Dr. Stefan Knapp (Institut für Pharmazeutische Chemie, Frankfurt).
Mehr Informationen zum SCLC Projekt hier: https://www.sfb1399.de/about-us/collaborative-research-center-1399
3. Forschungsschwerpunkt: Veränderungen des Spleißing-Prozesses
In den letzten Jahren sind in der CLL-Behandlung sehr wirksame Therapien entwickelt worden. Dennoch sind Therapieresistenz und Fortschreiten der Krankheit nach wie vor unvermeidlich, und die meisten Patienten sterben an ihrer Krankheit oder an therapiebedingten Komplikationen. Es gibt eine Reihe von genomischen Merkmalen, die mit ungünstigen prognostischen Auswirkungen verbunden sind, wie del(17p), TP53mut, SF3B1mut, ATMmut, RPS15mut, NOTCH1mut, KRASmut und IGHV-Mutationsstatus (Thomalla D et al 2022). Darüber hinaus wurden epigenetische prognostische Biomarker entwickelt, die das DNA-Methylierungsniveau bestimmter Regionen wie SATalpha-Regionen und Promotoren von BCL2, MDR1, TCL1, hTERT und TWIST2 abfragen, um nur einige zu nennen. Epigenetische Signaturen können sogar zur Subklassifizierung von IGHV-mutierten Patienten mit schlechter Prognose verwendet werden. Aufgrund ihrer großen Anzahl und der stabilen kovalenten DNA-Methylierungsbindung sind epigenetische Marker starke Biomarker-Kandidaten für die Subklassifizierung von CLL-Patienten (Grimm C. et al. 2022). Darüber hinaus wurden bereits mehrere epigenetische Therapien von der FDA zugelassen, z. B. DNMT-Inhibitoren (Decitabin) für das myelodysplastische Syndrom oder pan-HDAC-Inhibitoren (Vorinostat) für das kutane T-Zell-Lymphom. Viele weitere Substanzen befinden sich in der präklinischen Prüfung oder sind bereits in klinischen Studien enthalten. Des Weiteren wirken sich Epigenetische Veränderungen auf Transkriptions- und RNA-Spleißprozesse aus. Beide sind bei Krebs stark beeinträchtigt, und mehrere Medikamente, die auf die Spleißmaschinerie abzielen, haben sich in in vitro Modellen als wirksam erwiesen. Unsere früheren Untersuchungen haben gezeigt, dass Mutationen in dem Spleißfaktor SF3B1 die Intron-Retentionsraten bei CLL verringert und die Expressionsraten von perfekt gespleißten Genen erhöht sind. Wir haben auch gezeigt, dass sich die DNA-Methylome von SF3B1mut- und wt-CLL-Patienten unterscheiden, was unabhängig vom Entwicklungsstadium der CLL ist (Pacholewska A. et al. 2021). Für unsere Untersuchungen stützen wir uns auf modernste Sequenzierungstechnologien der nächsten Generation, die in unserem Labor bereits etabliert sind und kombinieren diese mit gezielten funktionellen Untersuchungen von SF3B1, um ein Verständnis der epigenetisch gesteuerten Spleißprozesse bei refraktärer Hochrisiko-CLL zu erlangen. Auch hier konzentrieren wir uns auf die Stressantwort und die DNA-Reparatur und fragen wie diese durch Epigenetische- und Spleißveränderungen modifiziert wird.
Die gewonnenen Erkenntnisse werden auch auf ihre Verwendbarkeit als epigenetische Biomarker untersucht und in ausgewählten Mausmodellen als neue Therapieoptionen für fortgeschrittene CLL erprobt. Die Projekte werden und wurden von der DFG (KFO286, GOLONG Sequenzierprojekte), dem Zentrum für Molekulare Medizin (CMMC) und der EU (CLL-CLUE) unterstützt und sind Teil des neuen SFB1530 Lymphom.
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